Wolfgang Send Dissertation Hamburg 1976


Die Dissertation mit dem Titel "Numerische Integration der hydrodynamischen Gleichungen für gravitierende Gaskugeln" wurde mit Datum vom 28. April 1976 abgeschlossen. Sowohl die Abhandlung wie die wissenschaftliche Gesamtprüfung wurden jeweils mit der Note "sehr gut" bewertet. Kernstücke der Promotionsarbeit waren die theoretische Formulierung und die numerische Umsetzung der Gleichungen für schwingende Gaskugeln, also schwingende Sterne.
Die Arbeit wurde mit einem Scanner gelesen und als PDF gebunden. Der Umfang beträgt 10 MByte.

PhD Thesis "Numerical Integration of the Hydrodynamic Equations for Gravitating Gaseous Spheres", University of Hamburg 1976.

Betreut wurde die Arbeit vornehmlich von Prof. A. Weigert und als Zweitgutachter von Prof. S. Refsdal. Meine Arbeitsstätte war die Hamburger Sternwarte als Institut der Universität Hamburg. Die damalige Arbeitsgruppe "Theoretische Astrophysik"gibt es noch heute. Damals war deren Hauptgebiet die Sternentwicklung, also die Beschreibung und Berechnung des Lebensweges eines Sternes über die vielen Stadien des Verbrauchs seines nuklearen Brennstoffs durch Kernfusion (unsere Sonne verbrennt in ihrem heutigen Stadium Wasserstoff zu Helium).

Dem damaligen Stand der Rechenmöglichkeiten entsprechend wurde das Programm auf Lochkarten geschrieben und entwickelt auf dem Universitätsrechner Telefunken TR440. An der Sternwarte gab es einen Lochkartenleser und einen Drucker zum Rechner im Stadtzentrum. Die Produktionsrechnungen für die Schwingungen konnten auf dem für damalige Verhältnisse enorm leistungsfähigen Rechner beim DESY durchgeführt werden. Das war dann eine IBM 370/168. Der Rechenaufwand war so enorm, dass in den vielen Tagen Rechenzeit gerade einmal eine knappe Schwingung (Bild 13 in der Dissertation) gerechnet werden konnte. Man konnte also mit dem Programm praktisch wenig anfangen und es war mir 1975/76 auch unklar, ob der Algorithmus wirklich stabile Rechnungen ergeben würde.

Knapp 20 Jahre später 1995 wurde das Programm im Rahmen einer Diplomarbeit von R. Schwarze am Institut für Thermodynamik der Universität Hannover aufgegriffen und untersucht. Es zeigte sich, dass nach einer Korrektur der Randbedingung für den Druck in der Photosphäre des Sterns das Programm stabil war und auch viele vollständige Schwingungen lieferte. Das nebenstehende Bild zeigt das Ergebnis mit einem heutigen Rechner. Dargestellt ist Log R, der Logarithmus des Radius, eines schwingenden und langsam expandierenden Sterns über der Zahl der Zeitschritte. Die Zeitdauer für eine Schwingungsperiode ist gegeben durch die hydrodynamische Zeitskala (siehe Einleitung). Im vorliegenden Fall beträgt die Zeitdauer einer Periode ungefähr 35 Minuten. Verglichen mit der Schwingungsdauer der Cepheiden (Sterne mit veränderlicher Leuchtkraft) von einem Tag und noch viel mehr ist dies wenig. Aber diese Sterne haben auch einen viel größeren Durchmesser als der Stern von ungefähr einer Sonnenmasse, der in der Rechnung als Ausgangsmodell genommen ist. Die Schwingung als solche entsteht nach Entfernen der Aussenschichten eines ursprünglich im Gleichgewicht befindlichen Sterns, verbunden mit einer Expansion. 

Das Programm existiert noch vollständig und wurde kürzlich (2012) in Verbindung mit der Digitalisierung meiner Promotionsarbeit erneut getestet. Es gab nur wenige Umstellungen für einen modernen Compiler (Intel Fortran). Geschrieben wurde das Programm in FORTRAN66 und steht heute als FORTRAN77-Version zur Verfügung.

The numerical programme still exists and was recently (2012) tested in connection with digitizing the PhD text. There were very few changes necessary for a modern compiler (Intel Fortran). Orginally, the code was written in FORTRAN66 and now is available as FORTRAN77 version.

Wolfgang Send

Nachtrag zu einer technischen Frage. Woher kommen die Grafiken mit den Schichtlinien? Es gab doch damals noch keine Pen-Plotter: Jedenfalls noch keine Trommelplotter, die über einen Großrechner direkt angesteuert werden konnten. Siehe dazu auch HP Computer Museum.
Die Grafiken Abb. 2 und 2a mit den Isolinien des adiabatischen Temperaturgradienten im Bereich partieller Ionisation und auch der Schallgeschwindigkeit im Stern in Abb. 5 waren damals in der Tat recht spektakulär und meine Betreuer hatten solche Bilder zuvor noch nie gesehen. Ich hatte ein Programm entwickelt, dass mir auf vier Druckseiten des Zeilendruckers eine Art Bild lieferte, in dem bestimmten Werten Buchstaben zugeordnet und diese dann quasi als Text zeilenweise ausgedruckt wurden. Die Seiten wurden aneinander geklebt und mit einem Pantographen in ein verkleinertes Abbild übertragen. Die große Verkleinerung der, wir würden heute sagen, pixelartigen Darstellung führte auf die gleichmäßig wirkenden Konturlinien.